Geschichte

Von der Gründung bis zur Wende

Im Jahre 1978 fanden sich 6 Eisenbahnfreunde in Heiligenstadt zusammen und gründeten die Arbeitsgemeinschaft AG 4/64 des Deutschen Modelleisenbahnverbandes. Ziel war es, Eisenbahngeschichte im Eichsfeld zu erforschen und auf dem Gebiet des Modellbahnbaus tätig zu werden. 1983 stellte uns die Deutsche Reichsbahn die nicht mehr genutzten Diensträume des Bahnhofs Heiligenstadt / Ost für unsere AG-Tätigkeit zur Verfügung. Vorher fanden diese Treffen auf privater Ebene statt. Über 350 Arbeitsstunden wurden in die Renovierung unseres Domizils investiert.

Inzwischen war die Mitgliederzahl angewachsen und ein reges Vereinsleben Höhepunkte waren gemeinsame Fahrten und Foto-Exkursionen. Die Mitglieder nahmen u. a. an Sonderfahrten mit historischen Fahrzeugen der Deutschen Reichsbahn teil, besuchten die Leipziger Messe, Modellbahn-Ausstellungen und Bahnbetriebswerke. Die erste Sonderausstellung im Heiligenstädter Heimat-Museum unter dem Motto „Modelleisenbahn – einst und jetzt“ wurde im Jahre 1984 organisiert, welche eine große Resonanz in der Bevölkerung fand. Im Rahmen der AG-Tätigkeit wurde eine Teststrecke gebaut, die auf den Tauschbörsen für Modelleisenbahnen von den Besuchern für ihre erworbenen Modellbahnfahrzeuge genutzt wird. Die Jugendgruppe entwarf eine TT-Anlage, die bei einer Ausstellung zum 75. Jahrestag der Eröffnung der Strecke Heiligenstadt-Schwebda erstmals vorgeführt wurde. Eine selbstgebaute Automatik setzte durch den Einwurf eines 20-Pfennig-Stückes die Anlage in Betrieb.

Im Jahre 1985 entstand der Wunsch, eine Dampflokomotive der Deutschen Reichsbahn in Pflege zu nehmen. Bei einer Exkursion nach Leipzig-Engelsdorf wurde der Ankauf einer abgestellten Dampflok der Baureihe 80 in Erwägung gezogen. Am 21.09.1986 wurde bei der Industriebahn Erfurt-West ein Antrag auf Ankauf der Dampflokomotive 91 6580 gestellt. Dies war leider nicht möglich, so setzte man sich mit dem Verkehrsmuseum Dresden zwecks Übernahme der Dampflokomotive 89 008 in Verbindung. Aufgrund des desolaten Zustandes dieser Maschine war eine Übernahme nicht empfehlenswert. So wurde dem Verein der Erwerb der Dampflokomotive 94 249 angeboten. Im Tausch gegen 60 t Schrott konnten wir diese am 12.06.1988 nach Heiligenstadt-Ost überführen. Stammbetriebe wie Solidor und Schraubenwerk, Bürger unserer Stadt sowie die Abteilung Kultur des Rates des Kreises Heiligenstadt halfen bei der Beschaffung dieser Schrottmengen. Die Mühe und der Einsatz wurden belohnt. Am 01.06.1988 befand sich die Museumslok auf dem Wege nach Heiligenstadt. Nach einem Zwischenaufenthalt in Leinefelde, wo sie zum „Tag des Eisenbahners“ präsentiert wurde, konnte sie in der Nacht vom 12. zum 13. Juni 1988 am Heiligenstädter Ostbahnhof in Empfang genommen werden. Über 3.000 Arbeitsstunden wurden in der Folgezeit investiert, um sie am 02.10.1988 in einem ansehnlichen Zustand der Öffentlichkeit vorzustellen. Im Rahmen einer Sonderzugfahrt Nordhausen-Heiligenstadt der Baureihe 44 im April 1989 präsentierte der Verein die Museumslok auf dem Heiligenstädter Hauptbahnhof.

Aus Anlaß der 900-Jahr-Feier der Gemeinde Uder am 08. und 09. Juli 1989 organisierten die Vereinsmitglieder Sonderfahrten mit historischen Dampflokzügen zwischen Leinefelde und Uder sowie eine Fahrzeugausstellung der Deutschen Reichsbahn. Nach Unterstützung durch die Gemeine Uder, der ZBO Uder und den betreffenden Dienststellen der Deutschen Reichsbahn konnten wir drei betriebsfähige Dampflokomotiven und Lokomotiven der Baureihe 132 und V 60 nach Uder holen. Zum Einsatz kamen die Museumslokomotive der Baureihe 65 1049 sowie 94 1292 und 38 1182. Es fanden täglich 8 Sonderfahrten mit dem Veltener Traditionszug der Deutschen Reichsbahn und den drei Dampflokomotiven statt. Desweiteren wurden Führerstandsmitfahrten mit den Dampflokomotiven und ein Souvenirverkauf angeboten. Diese Veranstaltung fand in der Bevölkerung einen großen Anklang und brachte die Mitglieder auf die Idee, weitere Veranstaltungen dieser Art zu organisieren. Dafür sollten in Zukunft auch eigene Fahrzeuge genutzt werden.

Von der Wende bis Heute

Bedingt durch die Wende beschloß der Deutsche Modelleisenbahnverband im Jahre 1989 seine Auflösung. Die Mitglieder des Vereins wollten jedoch ihren Auftrag, Museumsfahrzeuge der Nachwelt als technische Zeitzeugen zu erhalten, fortsetzen und beschlossen daher die Umwandlung in einen gemeinnützigen Verein. Seit dem 01.01.1991 ist der Verein als solcher beim Kreisgericht Heiligenstadt registriert und als „Heiligenstädter Eisenbahnverein e.V.“ tätig. Der Verein ist Mitglied im ThEM (Thüringer Eisenbahn- und Modellbahnverband e. V.) sowie Verkehrsverband Heiligenstadt.

Am 01. und 02. Mai 1992 wurde das erste Bahnhofsfest auf dem Gelände des Ostbahnhofs durchgeführt. Eine große Modellbahnausstellung, Souvenirverkauf, Fahrten mit einer Handhebel-Draisine u. a. gehörten zum Programm. Einen besonderen Höhepunkt stellten Personenzugfahrten von Heiligenstadt nach Heiligenstadt / Ost da, die seit 1947 erstmalig wieder durchgeführt werden konnten. Hierbei kam die vereinseigene V 60 mit 2 angemieteten Reisezugwagen der Deutschen Reichsbahn zum Einsatz. Dies war die erste und auch zugleich die letzte Fahrt, da die Weiche von Heiligenstadt nach Heiligenstadt / Ost dem Ausbau der Strecke Halle-Kassel weichen mußte. Um ein Eisenbahn-Museum mit späterem Museumsbahn-Betrieb zu errichten, setzten wir uns für den Erhalt der Weiche ein. Die Bemühungen waren leider vergebens, so daß die Neuzugänge an Fahrzeugen in der Folgezeit alle auf dem Straßenwege erfolgen konnten.

Die Bahnhofsfeste und Tauschbörsen für Modelleisenbahnen wurden inzwischen zum festen Bestandteil der kulturellen Arbeit des Vereins und zum touristischen Anziehungspunkt für unsere Stadt. In den vergangenen Jahren konnten wir 24 Modellbörsen, 21 Bahnhofsfeste und 2 mal einen „Tag der Offenen Tür“ den Bürgern und Gästen unserer Stadt anbieten. Da das Objekt „Ostbahnhof“ die Voraussetzungen des § 2, Abs. 1 des Thüringer Denkmalschutzgesetzes erfüllt, sind seit dem 27.05.1994 das Empfangs- und Wirtschaftsgebäude, der Güterschuppen, der Gleisbereich mit Gleiswaage sowie mehrere Fahrzeuge in das Denkmalbuch des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege eingetragen und als Technisches Kulturdenkmal ausgewiesen.

Vom 29. November 1998 bis 31.Januar 1999 beteiligten wir uns in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen an der Ausstellung „Auf Schienen durch die Zeit – Spielzeug und Modelleisenbahn“ im Städtischen Museum zu Göttingen, die in der Bevölkerung eine große Resonanz fand. Die Entwicklung der Eisenbahn wurde anhand zahlreicher betriebsfähiger Modellbahn-Anlagen, vieler Modelle, vom historischen „Adler“ bis zum ICE sowie technischem Gerät und Fotos dokumentiert. I

Im Laufe der letzten Jahre konnten wir unseren Fahrzeug- und Wagenpark auf insgesamt 24 Exponate erweitern. Ein Teil dieser Fahrzeuge konnte bereits, auch mit Hilfe von ABM-Kräften museumsgerecht aufgearbeitet werden.

2008 feierte der Heiligenstädter Eisenbahnverein e.V. sein 30jähriges Bestehen mit einem Jubiläumsbahnhofsfest. Zeitgleich wurde die Dampflok 94 249 100 Jahre alt, ein Grund, um sie farblich überholt der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Der Verein betreibt seine heutige Strecke als normalspurige Parkeisenbahn. In der Zukunft ist eine Erweiterung der Strecke unter Mithilfe der Stadt Heiligenstadt vorgesehen, was allerdings eine Umstrukturierung des Vereines und dessen Aufgaben mit sich bringen wird: Ziel wird es sein, einen regelmäßigen Publikumsverkehr in den nahen Heiligenstädter Stadtwald zu realisieren, der auf einem Teilstück der ehemaligen Strecke Heiligenstadt-Schwebda fahren wird.